Stefan Çapaliku
Tirana
Ein kurzer Traum
Roman
Transit 2024
Dieser unaufdringlich und komprimiert geschriebene Roman spielt in den vierzehn Monaten von September 1944 bis November 1945 in Albanien. Nach der Kapitulation Italiens besetzen deutsche Truppen das Land.
Wir erhalten Einblicke in das Leben und die Beziehungen unterschiedlichster Menschen und wie sie sich vor dem politischen und sozialen Geschehen des Zweiten Weltkriegs entwickeln. Die Schilderungen sind sehr präzise und knapp, ohne dabei kalt zu wirken; im Gegenteil möchte man unbedingt weiterlesen und wird von der Liebenswürdigkeit mancher Personen und Orte berührt.
Zum Beispiel gibt es einen Professor, der mit 18 das Weite aus einem Priesterseminar in Salzburg gesucht hat: Eine Nonne hat ihn dazu motiviert. Jetzt haben sie einen 17-jährigen Sohn. Außerdem wird ein sehr hübscher und schüchterner Frauenschwarm beschrieben, der ein Stipendium für die Kunstakademie in Rom bekommt, sich heiraten lässt, von Freunden nach Albanien zu seiner Mutter getrickst wird und dann keinen Zugang mehr nach Rom und zu seiner Frau bekommt. Ein Nazi redet mit seiner Geliebten, die Philosophie studiert, über Heidegger – er hat mal bei ihm studiert. Er lässt den Geliebten seiner Geliebten erschießen. Sie wird verrückt. Er bekommt Fress- und Tobsuchtsanfälle. Als er zu seinem schwerkranken Sohn reist, hört er innerlich den „Erlkönig“. Stefan Çapaliku beschreibt viele weitere Menschen in ihren differenten Lebenssituationen.
Menschen, die einen Krieg nicht direkt erlebt haben, können sich oftmals nicht vorstellen, wie sich das Leben dann gestaltet und anfühlt. Dies zeigt dieser ernste, lebensnahe und informative Roman, den ich sehr empfehle!
