
RAYMOND UNGER
K A I
Europa Verlag 2025
Raymond Ungers Roman „KAI“ zu lesen, ist ein Genuss! Mit Intelligenz und Humor webt er das reale Weltgeschehen in ein furchtbares Zukunftsbild, welches absolut schlüssig und zu Ende gedacht ist. Manches ist in der Zwischenzeit schon Realität geworden.
Er verpackt bekannte Personen, Verbindungen, Aussagen und Sachverhalte geschickt und letztlich eindeutig. Natürlich macht das Auspacken Spaß. Manchmal erkennt man es nicht sogleich.
Ein Blick in die Augen des Tigers klärt und stärkt die Handlungsmotivation. Aus diesem Grunde hat mich die erschreckende gesellschaftliche Weiterentwicklung nicht heruntergezogen, und vielleicht geht es anderen Lesern auch so!
Der Roman spielt in unserer Alltagswelt nach den unaufgearbeiteten Corona-Jahren mit Krieg, Migration, 5G, Wokeismus und Klimaaktivisten. Die Hauptpersonen erleben Schockierendes mit KAI und stehen existentiell unter Druck, so ein Psychoanalytiker nach C. G. Jung, der mit einer Verhaltenstherapeutin verheiratet ist, sein Patient, der ein bildender Künstler ist, eine Drehbuchautorin, ein katholischer Priester, ein Mathematiker mit Spezialisierung auf Klimaforschung, ein Universalgelehrter, ein Gain-of-Function-Forscher, der schwer an Krebs erkrankt ist, ein von schlechtem Gewissen gepeinigter CEO einer RNA-Firma und eine Politologin. Raymond Unger zeichnet sie so lebensnah, geistverbunden und seelenvoll, dass die Überlegenheit über KAI auf der Hand zu liegen scheint.
Der Roman stellt heraus, dass das Böse viel mehr Macht hat, als man annehmen würde, so viel Macht, dass selbst mutigste und motivierteste Leute irgendwann kapitulieren. Wird sich das Blatt wenden? Und: Wo sitzt dieses Böse überhaupt?
Besonders beeindruckt hat mich der Blick auf den Doppelgänger (dieser Begriff fällt jedoch nicht), der im Grunde eins mit der Fratze des Ahriman (auch dieser Begriff fällt nicht) und seinen tiefschwarzen Augen ist. Die Fratze sieht man zwei Mal im Teaser.
Philosophisch-spirituelle Anspielungen und Parallelen zu den tiefen Gründen der Menschheit hat der Autor sehr bewusst und weisheitsvoll eingesponnen, und so liest man dieses packende Werk auf unterschiedlichen Ebenen. Gerade auch das ist für eine Leserin wie mich ein Hochgenuss.
Hundertprozentige Leseempfehlung!